Die Sportwissenschaft definiert Koordination als „das Zusammenwirken von Zentralnervensystemen und Skelettmuskulatur innerhalb gezielter Bewegungsabläufe“. Wer einem Kleinkind zusieht, wie es das Laufen erlernt, kann leicht nachvollziehen, was damit gemeint ist. Es dauert eine Weile, bis die Bewegungsabläufe beherrscht werden. Erst wenn sie automatisiert sind, beginnt das Kind mit der Verfeinerung der Bewegungen. Ähnlich verhält es sich beim Fahrradfahren. Wer einmal bestimmte koordinative Fähigkeiten erlernt hat, verlernt sie in der Regel nicht mehr. Nach einer längeren Pause erfordert es allerdings einige Zeit Übung, bis die Abläufe wieder im vollen Umfang beherrscht werden. Aus biologischer Sicht entwickelt sich durch das Koordinationstraining eine Verbindung einzelner Gehirnzellen. Umso mehr von diesen sogenannten Synapsen im Gehirn eines Menschen hergestellt werden, umso besser ist sein Koordinationsvermögen geschult.
Koordinationstraining contra Play Station
Vielfach wird beklagt, dass Kinder heutzutage unter Bewegungsmangel leiden. Sie verbringen mehr Zeit am Laptop oder mit der Play Station als auf dem Bolzplatz. Selbst Kinder, die aktiv in einem Verein Fußball spielen, setzen in ihrer Freizeit oft Prioritäten, die eindeutig in Richtung Medien gehen. Nicht nur deshalb gehören zum Trainingsprogramm auch umfassenden Koordinationsübungen. Das Training zur optimalen Körperbeherrschung kann gar nicht früh genug beginnen. Zwar können später in der B- und A-Jugend Defizite in diesem Bereich ausgeglichen werden, aber auch hier gilt die alte Weisheit „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“. Als ideal wird der Einstieg im D-Jugend-Alter angesehen. Wissenschaftler sehen es als erwiesen an, das gut zwei Drittel der koordinativen Befähigungen im Alter von fünf bis dreizehn Jahren erlernt werden.
Herausforderung für den Trainer
Gelegentlich wird Koordinationstraining noch mit Technikübungen verwechselt. Zwar schließt das Erlernen motorischer und koordinativer Fähigkeiten zum großen Teil auch die technisches Ausbildung eines Spielers mit ein, ist aber andererseits eine eigenständige Trainingseinheit. Andere Experten sehen Technik- und Koordinationstraining als eine Einheit. Keine zwei Expertenmeinungen gibt es, wenn es um den Nutzen der Übungen zum Erlernen der Koordination geht. Nur eine optimale Körperbeherrschung führt zu einem perfekten Umgang mit dem Spielgerät Ball. Für jeden Trainer im Jugendbereich ist es eine große Herausforderung, die richtige Gewichtung zu finden und dabei individuelle Bedürfnisse zu berücksichtigen. Jeder Mensch bringt unterschiedliche Voraussetzungen mit. Auch unter Fußballer gibt es koordinationsbegabte und in dieser Hinsicht weniger talentierte Spieler. Für den Trainer besteht die schwierige Aufgabe darin, allen gerecht zu werden.
Was kann beim Training geschult werden?
Die Basis des Koordinationstraining besteht aus neun Grundelementen. Unter der Bezeichnung Anpassung ist die Fähigkeit zu verstehen, sich schnell auf neue Spielsituationen einzustellen. Anpassung bedeutet auch, bestimmte äußerlichen Umstände richtig zu interpretieren. Zum Beispiel, dass der Ball auf einem weichen Untergrund anders aufspringt als auf einem harten Boden. Ein Spieler, der seine Muskulatur analog zu bestimmten Bewegungen einsetzt, beherrscht das Element der Differenzierung. Er kann beispielsweise genau abschätzen, wann er bei einem Kopfball hochspringen muss, um den Ball zum richtigen Zeitpunkt zu treffen. Unerlässlich für die Raumdeckung ist das periphere Sehen. Durch seine koordinative Wahrnehmung trifft der Spieler bei seinem Verhalten die richtige Entscheidung. Auch das Gleichgewicht zählt zu den Basics der Koordination. Wer durch einen Rempler aus dem Gleichgewicht gebracht wird, fällt nicht gleich um und findet schnell wieder in die vorherige Haltung zurück.
Genaues Timing führt zum Erfolg
In vielen Spielsituationen ist gutes Timing gefragt. Wann ist das Abspiel am sinnvollsten? Wann bringt es etwas, den Gegenspieler zu attackieren? Wann springe ich, ähnlich wie bei der Differenzierung, im passenden Augenblick zum Kopfball? Damit Teilbewegungen sinnvoll zusammenfließen und einen flüssigen Bewegungsablauf darstellen, ist die Kopplung ein Teil der Koordinationsübungen. Die Orientierung befähigt wiederum zu einer gut funktionierenden Raumdeckung. Wie stellt der Spieler sich im Raum zum Ball beziehungsweise zum Gegenspieler. Der moderne Fußball verlangt nicht nur dem Torwart ein hervorragendes Reaktionsvermögen ab, auch der Feldspieler muss zu einer schnellen Reaktion fähig sein. Etwa wenn es darum geht, einen abgewehrten Torschuss zu verwerten. Als letztes der neun Grundelemente braucht der Spieler ein gutes Rhythmusgefühl. Gemeint ist damit unter anderem der Schrittrhythmus vorm Schuss und beim Anlauf zu einem Kopfball.
Wie geht Koordinationstraining?
Grundsätzlich sollte die Dauer der Belastung nicht zu hoch angesetzt werden. Dreißig Sekunden pro Übung ist ein akzeptabler Richtwert. Die Übungen selbst sind am effektivsten, wenn sie in einem hohen Tempo durchgeführt werden. Wiederholungen sind solange notwendig, bis eine Verbesserung der Mängel zu erkennen ist. Um den Leistungsstand besser überprüfen zu können, sollten Koordinationsübungen gelegentlich zum Trainingsabschluss durchgeführt werden. So erkennt der Trainer, welche Spieler auch nach der Trainingsbelastung ihre erlernten Fähigkeiten umsetzen können. Die Übungen sind vielseitig. Ein Beispiel ist der Stangenparcour. Zur Vorbereitung legt der Trainer acht bis zwölf Stangen im Abstand von einem halben Meter auf kleinen Hütchen. Die Spieler fangen mit den Laufübungen zunächst mit einem Kontakt pro Feld an. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase wird auf zwei Kontakte gesteigert. Wichtig ist dabei, dass jeder Durchgang abwechselnd mit dem rechten und dem linken Bein ausgeführt wird. Ein anderer Bewegungsablauf innerhalb des Stangenparcours sind die seitlichen Schritten. Diese Skippings sind verbunden mit dem schnellen Anheben der Knie. Zwei Kontakte pro Feld sind Pflicht.
Warum ist Koordinationstraining im Jugendfußball wichtig?
1 Apr, 2014